Montag, 15. August 2005

Die Gretchenfrage oder Exhibitionisten und deren Entsprechung im Netz

Ob man Weblogs nun als Bollwerke der Meinungsfreiheit oder als Phrasendreschmaschinen und Vermüllungsinstrumente des Internet wahrnimmt – die steigende Bedeutung jener „Internet-Tagebücher“ ist selbst für vehemente Kritiker nicht zu leugnen.

Das Kunstwort Weblog setzt sich aus Web und Log-Buch zusammen. Ein chronologischer Bericht über die Links und Klicks eines Bloggers, verewigt und für jeden sichtbar gemacht auf seinem Blog. Peter Praschl nennt es gar eine Art persönlicher Filter, ein Readers Digest, der öffentlich gemacht wird - als ganz normale Web-Seite. Weblogs seien häufig aktualisierte, relativ persönliche Websites mit kurzen, link-intensiven Beiträgen. Der Begriff „Internet-Tagebuch“ ist mit Vorsicht zu gebrauchen, um stolze Bloggerherzen nicht zu kränken. Denn obwohl ein Blog oft Ähnlichkeiten mit Diarien aufweist, so könnte man ihn inhaltlich wohl auch mit Klatsch- und Tratschmagazinen, gar mit Fachjournalismus oder manchmal lapidar mit Pornoblättchen vergleichen. Entscheidend ist das grammatikalische Geschlecht des Weblog, nach dem es das und nicht der Weblog heißt. Da ist man sich einig im Netz - ausnahmsweise.
Denn Definitionsversuche von verschiedenen Seiten der so genannten Blogosphäre scheitern. Kein Blogger scheint würdig, eine so wichtige Errungenschaft in ihrer bedingungslosen Freiheit zu beschränken. Und eine Festlegung oder Definition würde bestimmt sämtliche Herren und auch Damen der Stunde Null auf die Barrikaden bringen. Denn während für viele Blogger eine Weblog-Existenz ganz klar von bestimmten Kriterien abhängt, ist es für wieder Andere unvorstellbar, das freieste Format des Netzes in vorgefertigte Ketten zu legen.

Regeln zur Nichteinhaltung

Trotzdem haben es einige Mutige gewagt verschiedene mögliche, aber nicht verpflichtende Weblog-Regeln festzulegen. Meist sind die Blog-Einträge chronologisch geordnet, wobei der neueste Beitrag oben steht. Weblogs werden regelmäßig aktualisiert - wöchentlich, täglich, manchmal auch öfter. Die Blogs weisen eine hohe Linkdichte auf. Sie verlinken sich gegenseitig, verweisen auf passende Artikel in anderen Medien und ermöglichen so dem User eine geordnete Schnitzeljagd durchs World Wide Web. Oft kann in dem jeweiligen Blog auch nach bestimmten Informationen gesucht werden, dank einer Archiv- und Suchfunktion. Auszeichnend für die Blogs scheint auch die Möglichkeit, Kommentare und Kritiken zu den Beiträgen zu posten, mal mehr gelungen, mal weniger. Auch die so genannte Blogroll, eine Sammlung der persönlichen Lieblingsblogs mit direktem Link, verbindet die Blogs untereinander zu einem sozialen Gefüge, einer unabhängigen Community. Diese Vernetzung wird noch bestärkt durch so genannte Trackbacks und einen RSS-FEED, der es dem Leser ermöglicht, ein Weblog zu abonnieren und so die neuesten Neuigkeiten zuerst im Postfach zu sammeln.
„Und schließlich gibt es ungeschriebene Regeln für Blogger, die zu brechen ein gewisses Selbstvertrauen erfordert. So hat jedes Weblog ein gewisses Maß an Katzenbildern aufzuweisen, mindestens einmal die Woche auf einen Artikel zu verlinken, in dem nachgewiesen oder widerlegt wird, dass Weblogs DIE neue Form des "Journalismus von unten" seien, mindestens zweimal im Jahr ein komplett neues Design durchzumachen, sowie einmal im Jahr aus Überdruss wieder geschlossen zu werden“, meint Konstantin Klein in seinem Artikel "Fragen Sie bloß nicht nach Weblogs!".

Kleine Historie der Weblogs

Vor ungefähr 15 Jahren dachte wohl noch niemand an Regeln und deren Nichteinhaltung. Denn etwa zu dieser Zeit machten sich die ersten Blogger in Kinderschuhen auf, das WWW zu revolutionieren. Doch erst 1997 mit steigender Verbreitung des Internets begann die Ursuppe der Weblog-Ära so richtig zu brodeln. Anfangs war die Technik noch recht benutzerfeindlich. Erst 1999 gab es erste einfache Tools zum Betreiben eines Weblogs. Am 11. September 2001 erhielten manche Blogs traurigen Ruhm und fragwürdige Aufmerksamkeit, als sie live und schneller als jeder Nachrichtendienst von den Anschlägen auf das World Trade Center berichteten. Zwei Jahre später machten sogenannte Warblogs, also Weblogs aus Kriegsgebieten die Runde im Netz. Als neueste Bloginnovation gelten jetzt sogenannte Wahl-Blogs. Schon 2004 im US-Wahlkampf von großer Bedeutung gewesen, gestalten sie auch jetzt nach der Vertrauensfrage Schröders und den kommenden Neuwahlen die öffentliche Meinung mit. Und der Trend geht weiter. Weblogs für jedes Thema und jede Neigung sprießen wie Unkraut aus dem Boden. Im Netz findet man Angaben über etwa 200.000 Weblogs in Deutschland.

Abarten, Unterarten und Eigenarten von Weblogs

In der Blogosphäre findet jedes Thema seine Entsprechung. Journalisten-Weblogs, Online-Tagebücher, Reise-Weblogs, Foto-Weblogs, Sex-Weblogs, Gruppen-Weblogs, auch kollaborative Blogs genannt, Koch-Weblogs, Geschäfts-Weblogs, Mitarbeiter-Weblogs und auch kommerzielle Blogs. Die Liste scheint unendlich.
Doch was alle Blogs vereint ist wohl die Tatsache, dass die Informationen ungefiltert, aus erster Hand sind. Die Beiträge sind persönlich, vielfältig und vertiefend. Manchmal lässt ein Blogeintrag aber auch Zweifel stehen. Zweifel an der Authentizität der Blogger oder an der Richtigkeit der Informationen. Denn so frei wie dieses Format auch ist, so unkontrolliert ist auch die Meinungsverbreitung. Doch ob das Heil oder Segen für das WWW bedeutet scheint ungewiss.
Sicher ist jedoch, dass Weblogs die Neuerung in der Publikation darstellen und sowohl zur Vermüllung, als auch zur Demokratisierung des Netzes beitragen werden. Man darf gespannt sein.

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7an - 29. Aug, 22:43

*updatewill* :P und wenn's bilder vom arbeitsalltag eines schankmädchens sind. lol. genau. du hast doch schon sicher einige lustige geschichten da erlebt :)

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